Vom unerwarteten Hochbegabt sein: Ein Selbstfindungsprozess
Es ist kein Alltagsphänomen, aber es passiert:
Man lässt sich testen und, plötzlich und unerwartet, wird man als hochbegabt eingestuft. Diese neue Selbsterkenntnis kann eine Vielzahl von Gefühlen auslösen, von Stolz und Freude bis hin zu Verwirrung und Traurigkeit. Genau dies ist mir widerfahren.
In meiner Grundschulzeit konnte ich kein Gedicht auswendig lernen.
Eines Tages brachte ich sogar eine Entschuldigung meiner Mutter mit zur Schule – ich hatte es wirklich versucht, aber die Worte wollten einfach nicht in meinem Kopf bleiben.
Auch beim Mathe 1x1 hatte man damals erhebliche Zweifel, was aus meiner mathematischen Fähigkeit werden würde.
Mein Zeugnis war weit entfernt von einer Einser Serie; die meisten meiner Noten waren zweitklassig. Ich verbrachte meine Freizeit damit, mit Puppen zu spielen, statt in "Was ist Was"- Büchern zu blättern.
Trotzdem habe ich es geschafft, mein Abitur mit einer 2,x abzuschließen und ein Studium zu absolvieren, das ich gerade noch gut abschloss. Ich lebte nach dem Pareto-Prinzip: viele Aufgaben in kurzer Zeit erledigen, dafür aber nicht perfekt. Ich konnte mir nie vorstellen, 100% zu geben, denn viele Dinge langweilten mich, entweder weil sie zu klar waren oder weil ich mich nicht konzentriert genug einbringen konnte.
Motivation spielte eine Schlüsselrolle für mich.
So wurde ich in vielen sozialen und ökologischen Themen aktiv. Im Laufe der Zeit tauchte ich immer wieder kurzfristig in neue Fachgebiete ein, sei es Kindererziehung, Schuhdesign, Körpergesundheit oder Naturwissenschaften.
Aber gleichzeitig war ich oft frustriert und sogar "verärgert" über die Schlussfolgerungen, die andere Menschen zogen, insbesondere in der Politik.
Tief in meinem Inneren wusste ich immer, dass ich nicht dumm war.
Aber diese neue Diagnose der Hochbegabung war dennoch überraschend. Ich bin nicht höchst - hochbegabt, aber laut Gutachten doch deutlich hochbegabt.
Jetzt stehe ich hier mit diesem unerwarteten Etikett und weiß nicht so recht, wie ich damit umgehen oder mit wem ich darüber sprechen soll.
Wie werden die Menschen um mich herum reagieren?
Was werden sie über mich denken?
Und was bedeutet das eigentlich für mein Selbstbild?
In dieser neuen Phase meiner Selbstfindung spüre ich eine Mischung aus Stolz, Freude und auch einer gewissen Traurigkeit.
Dies ist der Beginn eines neuen Kapitels, ein Weg voller unerwarteter Wendungen und spannender Erkenntnisse. Es ist ein Prozess, der Mut, Offenheit und Selbstakzeptanz erfordert.
Denn letztendlich bin ich mehr als nur ein Etikett – ich bin eine vielschichtige Person mit vielen Interessen und Fähigkeiten, und diese Hochbegabung ist nur ein weiterer Aspekt davon.
Aber ein Aspekt, der mich vielleicht dazu führen könnte, mich selbst und die Welt um mich herum besser zu verstehen.
Das Annehmen einer neuen Identität als hochbegabte Person kann eine Herausforderung sein.
So gehst du mit der Diagnose "Hochbegabung" um:
1. Akzeptiere das Gutachten
Es ist wichtig, das Gutachten anzunehmen und es als Bestätigung zu sehen, dass die Hochbegabung ein Teil deiner Persönlichkeit ist, der dich in vielerlei Hinsicht besonders macht.
2. Informiere dich
Versuche, mehr über Hochbegabung zu erfahren. Es gibt viele Bücher und Online-Ressourcen, die dir dabei helfen können, deine Hochbegabung besser zu verstehen. Du könntest auch nach lokalen oder Online-Gruppen suchen, die sich mit Hochbegabung befassen.
3. Suche Unterstützung
Es könnte hilfreich sein, mit anderen Menschen in einer ähnlichen Situation zu sprechen, um Erfahrungen und Ratschläge auszutauschen. Auch professionelle Beratung könnte helfen, dich in deinem neuen Verständnis von dir selbst zu unterstützen.
4. Entwickle eine positive Denkweise
Sei stolz auf deine Begabung. Betrachte sie nicht als Last, sondern als etwas Besonderes, das dich von anderen unterscheidet. Es ist okay, anders zu sein. Du bist einzigartig und das ist etwas, das gefeiert werden sollte.
5. Verwende deine Begabung
Nutze deine Fähigkeiten, um Dinge zu tun, die du liebst und die dich glücklich machen. Du hast das Privileg, komplexe Themen schneller und tiefer zu verstehen als viele andere. Nutze dies zu deinem Vorteil.
6. Setze realistische Erwartungen
Nur weil du hochbegabt bist, bedeutet das nicht, dass du in allem perfekt sein musst. Es ist in Ordnung, Fehler zu machen und nicht alles zu wissen. Niemand ist perfekt, und das ist vollkommen in Ordnung.
7. Pflege Selbstfürsorge
Achte auf deine geistige und körperliche Gesundheit. Mache regelmäßig Pausen, sorge für ausreichend Schlaf und Ernährung und nimm dir Zeit für Aktivitäten, die dir Freude bereiten.
Jede Person ist einzigartig und hat ihre eigene Art, mit Herausforderungen umzugehen.
Es ist wichtig, herauszufinden, was für dich am besten funktioniert.
Es könnte eine Weile dauern, bis du dich an deine neue Identität als hochbegabte Person gewöhnt hast, aber mit der Zeit wirst du lernen, dich damit wohlzufühlen und sie als einen Teil von dir zu akzeptieren.
Das ist die Geschichte einer Frau aus unserer Facebook-Gruppe "Hochbegabte und begabte Kinder kreativ und entspannt begleiten". Klicke auf den Button, und erfahre mehr über unsere Facebook-Gruppe.
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